Szczecin

Die Geschichte der Stadt Stettin reicht bis in das 8. Jahrhundert zurück. Das heute in Polen liegende Stettin (polnisch Szczecin) hat eine über 700 Jahre dauernde Geschichte als deutsche Stadt.

 

Während für die bis zur Völkerwanderungszeit in der Gegend ansässigen Odermündungsgermanen kaum Siedlungsspuren gefunden wurden, kann für das 8. Jahrhundert eine slawische Siedlung auf einem Hügel oberhalb des linken Ufers der Odermündung in das Stettiner Haff nachgewiesen werden. Im Laufe des 9. Jahrhunderts entwickelte sich daraus ein mit Palisaden geschützter Burgwall. 967 wurde das Gebiet gemeinsam mit Pommern von dem polanischen Herzog Mieszko I. in Lehnsabhängigkeit gebracht. Weitere hundert Jahre später war unterhalb der Burg eine neue wendische Siedlung namens Kessin entstanden, die rasch zu einem bedeutenden Handels- und Hafenplatz wurde. Zu dieser Zeit war das umliegende Land Teil des polnischen Königreiches, von dem es 1091 erobert worden war.

 

Unter Herzog Boleslaw III. von Polen wurde Pommern erneut unterworfen, so rief man Anfang des 12. Jahrhunderts Bischof Otto von Bamberg ins Land, um die heidnischen Wenden zum Christentum zu bekehren. Von 1124 bis 1128 kam er zweimal ans Stettiner Haff und bei seiner letzten Visite zerstörte er die heidnischen Tempel, um an ihrer Stelle eine hölzerne Kirche zu errichten.

 

Während des Wendenkreuzzuges des Bischofs Anselm von Havelberg wurde die Burg 1147 belagert, die Einnahme konnte aber durch das Eingreifen des Camminer Bischofs abgewendet werden. Er hatte geltend gemacht, dass die Bewohner bereits zum Christentum übergetreten waren. 1173 eroberten die Dänen die Burg, zerstörten sie, bauten sie 1190 aber wieder auf. Die Dänen herrschten bis 1227 im Land.

Inzwischen hatten sich südlich und westlich der Wendensiedlung deutsche Siedler niedergelassen, die zuerst die so genannte Oberstadt, später die Unterstadt gründeten. In der Oberstadt wurde von 1180 bis 1187 die Jakobikirche erbaut, gestiftet von dem Kaufmann Beringer von Bamberg. Barnim I. ging als Städtegründer in die Geschichte ein und verlieh auch der Wendensiedlung Kessin zusammen mit den deutschen Vorstädten als „oppidum Stetin“ 1243 das Stadtrecht, eine Stettiner Variante des Magdeburger Stadtrechtes. Auf dem alten Burgwall wurde 1263 mit dem Bau der Marienkirche als Zeichen des vollendeten Zusammenwachsens der drei Siedlungen begonnen. Der Bau eines Hafens gab der Stadt einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung, der 1278 zur Mitgliedschaft in der Hanse führte.

1309 begann Herzog Otto I. mit dem Bau eines Schlosses und machte damit Stettin offiziell zur Residenzstadt Pommerns. Sein Nachfolger Barnim III. geriet mit der Stettiner Bürgerschaft in Streit, als er begann, auf dem den Bürgern vorbehaltenen Burgplatz ebenfalls ein Schloss zu errichten. Erst der Vertrag vom 24. August 1346 brachte eine Einigung, und es entstand ein fester Steinbau, der Ursprung des heute noch bestehenden Stettiner Schlosses. Zum Ende des 14. Jahrhunderts kam es zu einem weiteren Anschub für Stettins Wirtschaft, als im Zuge des Konflikts zwischen Polen und dem Deutschen Orden sowohl Polen als auch Pommern der Stadt weitgehende Handelsprivilegien einräumten, um das vom Orden beherrschte Danzig als Handelsmetropole ablösen zu können.

Im 15. Jahrhundert stand Stettin weitgehend im Zeichen sich wiederholender Pestepidemien, denen 1451 und 1464 auch die Stettiner Herzöge Joachim der Jüngere und Otto III. zum Opfer fielen. Das 16. Jahrhundert begann mit einem neuerlichen Streit zwischen Herzog und Stadt.

1532 wurde der der Kunst und den Wissenschaften zugetane Barnim IX. Herzog von Pommern-Stettin. Er war maßgeblich an der Einführung der Reformation in Pommern beteiligt, und in deren Folge gründete er 1543 als erste weltliche Hochschule in Stettin das Pädagogium, allerdings nicht als eine Universität, sondern als eine Hohe Schule.

Der 1618 ausgebrochene Dreißigjährige Krieg berührte Stettin zunächst nicht. Erst 1630 besetzten die Schweden unter Gustav Adolf die Stadt und richteten in der Oderburg ihr Quartier ein. Während ihrer Besatzungszeit verstärkten die Schweden die Befestigungsanlagen rund um die Stadt. Auch nach dem Westfälischen Frieden von 1648 blieb Stettin in schwedischer Hand. Dies wollte der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm nicht hinnehmen, denn nach dem Aussterben des Greifengeschlechts nach dem Tode von Bogislaw XIV. 1637 hätte Hinterpommern und damit auch Stettin an Brandenburg fallen sollen. Deshalb zog der Kurfürst im Schwedisch-Brandenburgischen Krieg 1676 mit seinen Truppen nach Stettin, belagerte es zwei Jahre lang und zwang die Stadt am 6. Januar 1678 zur Kapitulation. Der Friedensvertrag von St. Germain zwang den Kurfürsten jedoch schon 1679 wieder zum Abzug. Während des Nordischen Krieges zwischen Schweden und Russland wurde Stettin 1713 von den Russen belagert. Mit dem Frieden von Stockholm 1720 gelang es dem König Friedrich Wilhelm I. endlich, Stettin für Preußen zu erwerben.

Die von Friedrich II. für die östlichen Provinzen in Gang gesetzten Förderpläne ließen auch Stettins Wirtschaft wieder aufblühen. So profitierte der Handel ab 1746 von der Wiederherstellung des Finowkanals nach Berlin, und durch die Entwässerung des Oderbruchs gewann Stettins südliches Umland an Bedeutung. Durch den 1740 begonnenen Ausbau der Swine mit der Eröffnung des Ostseehafens Swinemünde 1746 entwickelte sich Stettin zum Ende des 18. Jahrhunderts zum wichtigsten Hafen Preußens.

Als Vorbote der sich im 19. Jahrhundert entwickelnden Industrie wurde 1817 in Stettin die Zuckersiederei Dohm gegründet. Mit der Fertigstellung der Chaussee nach Berlin 1827 begann der Anschluss an das moderne Verkehrswegenetz, der 1843 mit der Eröffnung der Bahnstrecke Berlin-Stettin durch König Friedrich Wilhelm IV. einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Gleichzeitig wurde der Hafen immer weiter ausgebaut. Bis 1870 dehnte sich Stettin im Süden durch die Errichtung der Neustadt erheblich aus. Die Aufhebung der Festungswerke 1873 ermöglichten neue Stadterweiterungen nach Westen hin. Auf den ehemaligen Festungsanlagen entstanden unter Führung des Pariser Architekten Georges-Eugène Haussmann moderne Wohnquartiere mit weiträumigen Boulevards. In dieser Zeit siedelten sich auch zwei große Maschinenbaufirmen in den Vororten an: Die Stettiner Maschinenbau A.G. „Vulcan“ in Bredow und die Stettiner Maschinenbau-Anstalt und Schiffsbauwerft-Actien-Gesellschaft (ab 1903 Stettiner Oderwerke AG) in Grabow. Mit der Fertigstellung eines privaten Elektrizitätswerkes wurde Stettin ab 1890 mit Strom versorgt. 1898 eröffnete Kaiser Wilhelm II. den neuen Freihafen.

1900 dehnte sich Stettin erneut durch die Eingemeindung der Vororte Bredow, Grabow und Nemitz aus, denen 1911 weitere Ortschaften folgten. Um die Jahrhundertwende gab es in und um Stettin zahlreiche Gaststätten.

Die Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg hinterließ auch in Stettin ihre Spuren. Den größten Einschnitt bildete die Schließung der Vulcan-Werft im Jahre 1928. Während der Weimarer Republik bestand von 1930 bis 1932 die Pädagogische Akademie Stettin.

Die für 1500 Besucher gebaute und im Jahre 1875 eingeweihte Synagoge zu Stettin an der Grünen Schanze wurde im Novemberpogrom 1938 Opfer der Brandstiftung. Die Ruine wurde 1940 abgerissen.

Mit Eingemeindung der Städte Altdamm und Pölitz sowie weiterer 36 Gemeinden wurde die Stadt 1939 als Groß Stettin flächenmäßig zur drittgrößten Stadt Deutschlands. Vom Oktober 1939 bis ins Frühjahr 1940 wurden die Patienten der psychiatrischen Anstalten in und um Stettin von der SS ermordet, um angeblich für die „Rücksiedlung“ der Baltendeutschen „Platz zu schaffen“.

Im Januar und August 1944 war Stettin Ziel schwerer Bombenangriffe des Bomber Command der Royal Air Force, denen die Altstadt zu 90 Prozent, das übrige Stadtgebiet zu 70 Prozent zum Opfer fielen. Am 26. April 1945 eroberte die Rote Armee Stettin und setzte zunächst eine kommunistisch dominierte deutsche Stadtverwaltung ein.

Am 5. Juli 1945 jedoch übergab die sowjetische Besatzungsmacht Stettin – unter Verletzung bestehender alliierter Vereinbarungen, die einen Grenzverlauf „unmittelbar westlich von Swinemünde und von dort die Oder entlang bis zur Einmündung der westlichen Neiße“ vorsahen – an polnische Stellen. Dies geschah im Rahmen sowjetischer Bestrebungen, die Westmächte in Bezug auf die deutsche Ostgrenze vor ein fait accompli zu stellen.

Im Dezember 1946 lebten 108.000 Polen in Stettin. Der polnische Staat benannte die Stadt in Szczecin um und machte sie zur Hauptstadt der Woiwodschaft Stettin, die unter diesem Namen bis 1999 in unterschiedlicher Ausdehnung bestand. Unter Reaktivierung des Hochschulwesens wurden zwischen 1947 und 1955 eine Handelsakademie, eine Ingenieurhochschule, eine Ärzteakademie, eine landwirtschaftliche Hochschule und eine technische Hochschule eröffnet. Der Hafen blieb zunächst in sowjetischer Hand, ehe er 1947 teilweise und 1955 vollständig an Polen übergeben wurde. In den sechziger Jahren wurde Stettin auch als Industriestandort weiter ausgebaut, an dem die Werft, der Maschinenbau und die Lebensmittelindustrie den größten Anteil hatten.

Die katholische Kirche errichtete 1972 das Bistum Stettin-Cammin mit Bischofssitz in Stettin, das 1992 zum Erzbistum Stettin-Cammin erhoben wurde. 1985 begann die Universität Stettin ihren Lehrbetrieb. 1999 wurde Stettin Hauptstadt der neugebildeten Woiwodschaft Westpommern.